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Karpfenangeln für Kurzentschlossene

Es ist Freitagmittag, grade zu Hause angekommen, als meine Frau mir eröffnet, dass sie heute Abend mit einer Freundin auf Tour will. Das heißt, ich kann den Hund unter`n Arm klemmen und ab ans Wasser – nur Sonntagmittag pünktlich sein, wegen Geburtstag und so…

Das letzte höre ich nur noch so halb, denn jetzt muss alles schnell gehen.

Früher kamen mir an genau dieser Stelle immer die Zweifel wie „du hast nirgends gefüttert, lohnt sich das überhaupt, und wohin soll`s überhaupt gehen.“

Doch inzwischen habe ich für genau diese Situation, nämlich dem überstürztem losrennen Richtung Wasser, einen Schlachtplan.

Dabei ist es eigentlich völlig gleich ob ich eine oder mehrere Nächte am Wasser bin, die Vorgehensweise ist immer die Gleiche, lediglich die Menge an Futter variiert.

Zunächst habe ich mich entschieden, dass ich bei solch spontanen Trips bis zu 2 Nächten lieber überhaupt etwas fangen möchte, als das ich irgendeinem Großfisch hinterher jage.

Damit sind wir auch schon bei der Gewässerwahl.

Das optimale Gewässer zum Karpfenangeln

Die Gewässer und Gewässerabschnitte die für mich in Betracht kommen, sollten einigermaßen gut zu erreichen sein, sei es mit dem Auto oder wenigstens mit einem vernünftigen Trolley.

Es wäre halt sehr ärgerlich wenn man seine geringe Zeit zum Fischen damit vergeudet, die Ausrüstung durch dichten Wald oder einen steilen Abhang runter zu schleppen.

Als zweites sollte das ins Auge gefasste Gewässer nicht zu groß sein, sodass sie anhand von Windrichtung, Wetterlage und Gewässerkenntnis zumindest eine grobe Platzwahl treffen können.
Apropos Gewässerkenntnis:

Die hilft ihnen auch dabei, eventuell bereits an ihrem Spot anwesende Fische nicht durch unnötig langes Loten zu verschrecken und so ihre Chancen zu verringern.
Ist diese Art von Gewässerkenntnis (noch) nicht vorhanden, sollte sie das aber nicht vom Angeln abhalten, denn mit jeder Stunde am Wasser lernen sie etwas über das Wasser.

Ob sie bei ihrem spontanem Ansitz einem Zielfisch hinterher jagen, oder lieber wie ich, überhaupt irgendetwas fangen wollt, müssen sie für sich selbst entscheiden, da gibt es kein richtig oder falsch.
Ich habe für solche Situationen 2 Seen in der Hinterhand.
Früher habe ich noch eine Stelle im Fluss regelmäßig bei solchen Touren beangelt, jedoch sind die Fische stark Nomadenhaft unterwegs sodass die Erfolge fast komplett ausblieben.

Um ihnen einen Einblick in meine Vorgehensweise zu geben:

Die 2 Seen die ich befische sind nur rund 2 Hektar groß, der eine stark verkrautet mit einigen Unterwasserstrukturen, der andere eher vom Format einer „Badewanne“ mit steilen Kanten und überhängenden Büschen und Bäumen

Die richtige Taktik für Karpfenangler

Meine Taktik bei solch „unvorbereiteten“ Sessions ist so einfach wie logisch:
Da ich nicht vorgefüttert und damit die Fische möglicherweise auf einen Platz konditioniert oder zumindest dazu angeregt habe, einen Platz wiederkehrend aufzusuchen muss ich als erstes die Fische finden.
Da sich unsere beschuppten Freunde aber nun mal nicht immer zeigen, gilt es unseren Platz anhand der vermuteten Zugrouten und Standplätze der Fische strategisch günstig zu wählen, und unsere Ruten entsprechend zu verteilen.

In meinem Falle heißt das, dass ich von meinen Plätzen aus 3 komplett unterschiedliche, mögliche Fressplätze befischen kann.

Das funktioniert am besten mit einzelnen Banksticks, da  dann weder die Richtung der Ruten noch die Ausrichtung der Rutenspitzen vorgegeben ist.
Denn um über Kraut hinweg in 100m Entfernung zu fischen, ist es nun mal sinnvoll die Ruten steil in den Himmel zu stellen, während eine Rute, die 20m parallel zum eigenem Ufer läuft, besser mit der Spitze unter Wasser ist, wenn man nicht grade ein Freund vom Slacklining ist.

So unterschiedlich wie der Rutenaufbau ist, fällt bei mir auch die Wahl des Materials und der Rigs aus.

Karpfenangeln im Kraut

Für das Fischen hinter Kraut benutze ich ein einfaches Safty-Bold-Rig mit etwa 50cm Anti-Tangle-Tube nach Möglichkeit in der Farbe der Umgebung.
Da ich eine Subfloat-Montage verwende, wird dass Tube vom Grund hochstehen und so ist meist Weed-Green angebracht.
Dazu kommt ein Snag-Leader mit einem Durchmesser von 0,45 – 0,60mm. Die Länge des Snagleaders mache ich beim Fischen hinter Kraut von der Gewässertiefe an meinem Spot abhängig und wähle sie etwa 30-70cm länger als die Tiefe.
Den Subfloat befestige ich an einer „Abreißleine“ aus 0,10 – 0,12mm monofiler Schnur.

Die andere Seite der Abreisschnur wird an einem auf der Haupt/Schlagschnur gleitendem Big-Eye-Wirbel befestigt.

Dadurch erreiche ich ein Höchstmaß an Fisch-Sicherheit, denn sollte sich der Subfloat im Drill oder bei einem Schnurbruch irgendwo verklemmen, ist der Fisch in der Lage, die dünne monofile Schnur zu sprengen oder aber der Big-Eye-Wirbel gleitet von der Schnur.
Um das zu gewährleisten präpariere ich eine Gummiperle mit einem Längsschnitt, sodass sie im Falle eines Falles schon unter leichtem Druck von der Schnur geschoben wird und auch der Schlagschnurknoten kein Problem darstellt.

Da sich Subfloat-Montagen ohnehin nur sehr bedingt werfen lassen, rudere ich meine Montage an den Platz und lasse das Blei zum Grund.

Bedenken sie:

Bei Subfloat-Montagen hebt der Auftriebskörper einen Teil des Bleigewichts auf – wählen sie es also nicht zu leicht!
Wenn das Blei am Boden ist, warte ich, bis der Auftriebskörper an der Oberfläche angekommen ist.
Gestoppt wird der Auftriebskörper vom Schlagschnurknoten und der präparierten Stopperperle.
Ist der Subfloat an der Oberfläche angekommen, rudere ich zurück zu meinem Angelplatz, stelle die Rute auf die Banksticks und beginne über den Swinger die Schnur zu straffen, bis der Subfloat unter der Oberfläche verschwindet.

So steht das Snagleader nicht senkrecht vom Platz hoch, sondern in einem leichtem Winkel vom Platz weg ins Kraut hinein, genug um durch den Floucarbon-Effekt und das Kraut getarnt zu sein, aber nicht so viel, als das sich die Schnur zu sehr im Kraut verfangen könnte.
Ab dem Subfloat läuft die Schnur knapp unter der Oberfläche bis zur Rute. Dabei ist die Schnur gespannt genug um auch langsame Bisse zuverlässig anzuzeigen.

Das Gewicht des Swinger sollte weder auf „Maximum“ noch auf „Minimum“ stehen, denn diese beiden extreme sind für das Fischen mit Subfloats eher ungeeigenet.

Karpfenangeln mit abgesenkten Ruten

Beim Fischen mit „abgesenkten“ Ruten, was etwa 75% meiner Angellei insgesamt ausmacht, setzte ich auf volle Tarnung.
Als erstes kommt wieder ein etwa 8-10m langes, 0,45mm-0,60mm starkes Stück Floucarbon als Snagleader an die Hauptschnur.

Daran binde ich ein etwa 50cm lange Stück Leadcore auf dem mein Inlineblei fixiert wird.
Aber halt:
Leadcore und Schlagschnur mit Inlineblei?

Geht das?

Ja, das tut es, und sie können sich sicher sein, auch mir liegt die Fischsicherheit am Herzen.
Das Geheimnis liegt hier darin, einmal über den Tellerrand zu blicken.
Ich habe eine Lösung bei den Fliegenfischern gefunden, die ihre Wurfschnüre mit den Vorfächern verbinden müssen:

Mein weiterer Aufbau sieht so aus.

Mit Hilfe einer Stringer-Needle ziehe ich ein Flexy-Lead-Insert auf das Leadcore und Schlaufe am Ende einen Wirbel in die  zuvor gespleißte  Schlaufe.
So bin ich jederzeit in der Lage, mein Vorfach zu wechseln, ohne langes und lästiges spleißen des Leadcores.

Die Verwendung geschlitzter Blei trägt auch zur Fischsicherheit bei:
Sollte das Blei sich im Drill oder im Falle eines Schnurbruches irgendwo verkannten, braucht es nur vom Lead-Insert herunterrutschen und fällt dann sehr zügig vom Leadcore ab, oder aber gleitet bis zur Bruchstelle der Schnur. In jedem Falle wird der Fisch das Blei gut und schnell wieder los, ohne das wir unnötig viele Bleie beim Angeln „ins Wasser schmeißen.“ )
Doch die Verwendung geschlitzter Bleie bringt noch weitere Vorteile mit sich:

  1. Sie können das Gewicht schnell der jeweiligen Situation anpassen.
  2. Zum Transport der Ruten können sie das Blei abnehmen, das schont den Blank
  3. Ist das Blei im Drill verloren gegangen, können sie es schnell ersetzen ohne die komplette Montage neu knüpfen zu müssen.

Das ideale Hakenvorfach für`s Karpfenageln

Sicherlich sind die letzten cm die am meisten betrachteten bei unserem schönem Hobby und das geht auch mir nicht anders.
Zunächst stellt sich also die Frage, was soll das Vorfach für mich können:

  • Es soll den Fisch zuverlässig haken.
  • Es soll sich nicht vertüdeln.
  • Es soll am Gewässerboden möglichst nicht auffallen.
  • Es soll vielseitig sein.

In gut 70% meiner Angelei setze ich daher auf dasselbe Vorfach in unterschiedlichen Variationen und Längen.

Zum einem als Blowback-Rig gebunden für alle Formen von Bodenködern und zum anderen als KD-Variante für PopUp-Montagen.

Dabei setze ich auf 2 Hakenmodelle:

für das Blowback-Rig auf einen „Classic-Boilie-Hook“ der mit einem kleinem Stück Schrumpfschlauch zum Line - Alinger geformt wird und zum anderen auf den „The Gripper“ Haken, beide aus der B.Richi Devils Game Serie.

Den Gripper fische ich konsequent ohne Schrumpfschlauch,  da sich für mich Schrumpfschlauch am KD-Rig als Kontraproduktiv im Bezug auf Vertüdelungen erwiesen hat und keine Verbesserungen in Punkto Hakverhalten brachte.
Und so sieht mein Vorfach aus:

Karpfenangeln - Anleitung zum Binden von Karpfenvorfächer

Es besteht aus folgenden Komponenten:

  • Wirbel, passend für das verwendete Blei
  • Anti-Tangle-Sleeve
  • Floucarbon
  • geflochtenes Vorfachmaterial, möglichst sinken
  • Knetblei
  • jeweiliger Haken
  • ggf. Schrumpfschlauch und Rig-Ring

Und so wird es gebaut:

Schritt eins:

  • Legen sie zunächst die Länge des Haares fest und binden sie den Rig-Ring mit 2 Überhandknoten in das geflochtene Vorfachmaterial
  • Führen sie den Haken durch den Ring und bringen sie den Ring in die hinterste mögliche Position auf dem Hakenschenkel ohne dass er zurück über die Hakenspitze gleiten kann.
  • Binden sie einen Knotless-Knot
  • Schieben sie ein etwa 1cm langes Stück Schrumpfschlauch über das Hakenöhr.

Schritt zwei:

  • Legen sie eine Schlaufe in das Fluocarbon-Material
  • Ziehen sie das Geflecht „von oben“ durch die gebildete Schlaufe und legen sie die Länge des Geflechtes fest. Ich nutze nur etwa 5cm Geflecht, manchmal weniger.
  • Wickeln sie 7-10 Wicklungen des Geflechtes um die Schlaufe aus Fluocarbon, beginnend auf der „langen Seite“ des Floucarbons
  • Führen sie das Geflecht wieder „von Oben“ zurück durch das aus Fluocarbon gebildete „Öhr“.
  • benetzen sie den Knoten und ziehen sie ihn fest zusammen.

Schritt drei:

  • legen sie die Länge des Floucarbons fest und schneiden sie es ab.
  • schieben sie einen Anti-Tangle-Sleeve auf das Floucarbon
  • binden sie einen Wirbel an das Ende des Floucarbon und schneiden sie das Überstehende Ende ab.
  • Schieben sie den Anti-Tangle-Sleeve auf das untere Öhr des Wirbels

Abschließend schneiden sie die überstehenden Enden am Verbindungsknoten zwischen Floucarbon und Geflecht ab und bringen den Schrumpfschlauch mittels Wasserdampf in die entsprechende Form.

Nehmen sie ein etwa erbsengroßes Stück Knetblei und Kneten sie es zwischen den Fingern weich. Reiben sie die paar cm Geflecht damit ein. So verhindern sie effektiv, dass sich auch nur die kleinste im Wasser auftreibende Schlaufe bildet und außerdem wird das Geflecht minimal steifer und dunkler.
Den Rest des Knetbleies kneten sie um den Verbindungsknoten

Dort hält es sehr gut und sie haben ein Widerlager für den Haken, was den Eindreheffekt unterstützt.

Das Vorfach spielt seine Stärken in erster Linie auf festem Untergrund aus.

Auf schlammigen und weichen Böden empfehle ich den Griff zu einem durchgehendem Geflecht, auch wenn dabei die Vertüdelungsfreiheit meines Erachtens etwas auf der Strecke bleibt.
Mit dieser Montage können sie sicher sein, das die letzten Meter vor dem Blei sowie das Vorfach sauber auf dem Grund aufliegen und sie so eine „Vertrauenszone“ rund um ihren Hakenköder geschaffen haben.

Das Futter - Futterkampagnen beim Karpfenangeln

Beim Futter setze ich bei unvorbereiteten Kurzsessions, ähnlich wie in der kalten Jahreszeit, auf wenig, aber gut durchdachtes Futter.
Basis meines Futters (pro Rute) sind etwa 100g gequollener und gekochter Hanf und 100g gequollene und gekochte Kichererbsen.
Diese Partikel habe ich immer in kleinen, getrennten Portionsbeuteln eingefrohren und damit schnell verfügbar.

Auf die Vorbereitung von Kichererbsen möchte ich an dieser Stelle noch kurz eingehen:
Rohe Kichererbsen enthalten den unverdaulichen Giftstoff Phasin und den Bitterstoff Saponin.
Da wir unsere Karpfen nicht vergiften wollen, und es wissenschaftlich erwiesen ist, das sie überhaupt nicht auf „bitter“ stehen, sollten Kichererbsen nicht mit anderen Partikeln zusammen eingeweicht werden.
Ich persönlich lasse sie 24 Stunden in Wasser quellen.
Dabei schwemmt ein Großteil der Gift und Bitterstoffe bereits aus und können mit dem Wasser entsorgt werden.
Kichererbsen nehmen Geschmacks, Geruchs und Farbstoffe hervorragend auf, weswegen wir dieses bereits beim quellen lassen hinzugeben sollten, wenn wir denn wollen.
Anschließend koche ich die Kichererbsen etwa 20min lang in frischem Wasser ab, wodurch verbliebene  Gift- und Bitterstoffe zerstört werden.

Diese Partikelmischung gibt sehr schnell einen verlockenden Duft an das Wasser ab und bindet die Fische recht lange am Platz.
Durch die hellen, relativ großen Kichererbsen bringen wir zudem noch einen optischen Reiz ein.
Dazu kommen lediglich noch 15-30 ganze und ebenso viele, mit einem Eiscrusher zermahlene, Süße Boilies mit einem cremigem Aroma.)
Auf schnellwirksames Weichfutter und Pellets verzichte ich bei meinen meist kurzen, unvorbereiteten Ansitzen ganz bewusst, da ich unnötige Störungen durch Brassenkontakte am Futterplatz vermeiden möchte.
Meinen Hakenköder prepariere ich meist mit einem „Eyecatcher“ in Form eines halben Popups in grellen Farben. Zumeist greife ich hier auf kleine Größen zurück und „cuppiere“ meinen Grundköder nur im obersten drittel.
So erhalte ich einen wunderbar ausbalancierten Hakenköder mit einem, zumindest für mich, schönem visuellem Effekt. Den Fischen scheint das ebenfalls zu gefallen. 

Endlich Karpfenanaglen - Ab ans Wasser!

Wenn ich also grünes Licht bekommen habe, hole ich zunächst die entsprechende Menge Partikel aus dem Froster. Während ich mein restliches Gerät ins Auto verlade, tauen diese kleinen Portionen in der Sonne oder nötigenfalls auch auf der Heizung recht schnell auf.

Am Wasser montiere ich zunächst die Ruten und bringe sie zusammen mit dem Futter auf ihre ausgewählten Plätze.
Dabei platziere ich zuerst die Ruten und das Futter, das geworfen werden kann und bringe erst als letztes die Rute(n) und das entsprechende Futter raus für die ich ein Boot benötige – Zeit ist Fisch!

Erst wenn alle „Fallen“ an ihrem Platz und scharf sind, kümmere ich mich um „den Rest“ wie z.B. einen Wetterschutz.

Sie sind  immer noch am Lesen?

Und das obwohl sie den ganzen Abend Zeit haben?

Hören sie auf zu überlegen – gehen sie raus und machen aus Theorie Erfahrung und aus Erfahrung eine nasse Abhakmatte!

Aber vergessen sie nicht, auf dem Rückweg vom Fischen Kinokarten, einen Blumenstrauß oder Frühstück mitzubringen.

Dann kann das mit Last Minute – Karpfenangeln für Kurzentschlossene nämlich öfter klappen, als sie grade denken.

Jan Grashoff

Team MK-Angelsport